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OLG Stuttgart entscheidet über Scala-Sparverträge

Datum: 23.09.2015

Kurzbeschreibung: 

Der u.a. für Bankrecht zuständige neunte Zivilsenat des Oberlandesgerichts Stuttgart hat heute zwei Berufungen der Sparkasse Ulm gegen Urteile des Landgerichts Ulm über Sparverträge unter dem Namen „Vorsorgesparen S-Scala“ zurückgewiesen. Die klagenden Sparkassenkunden hatten Ratensparpläne mit 25-jähriger Laufzeit abgeschlossen, die eine variable Grundverzinsung und eine laufzeitabhängige Bonusverzinsung von bis zu 3,5% zusätzlich enthielten. Die Sparer waren der Auffassung, sie dürften innerhalb eines vorgegebenen Rahmens (25 € - 2.500 €) jederzeit die Höhe der monatlichen Raten ändern. Die Sparkasse habe auch nicht wegen der andauernden Niedrigzinsphase ein Recht, die Verträge vorzeitig zu beenden oder sie auf andere Sparformen umzustellen.

 

Die Sparkasse hatte die Sparpläne mit Werbeflyern beworben. In einem Fall hatte er auszugsweise folgenden Wortlaut:

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Der Senat unter Vorsitz von Thomas Wetzel hat die Urteile des Landgerichts Ulm bestätigt, die den Sparern Recht gegeben hatten. Die Sparkasse Ulm könne sich nicht darauf berufen, das in ihren Werbeflyern beschriebene Recht zur Ratenänderung sei nicht Vertragsbestandteil geworden. Sie sei selbst für die Vertragsgestaltung verantwortlich gewesen. Die Kunden hätten auf eine entsprechende Vereinbarung vertrauen dürfen. Angesichts der jahrzehntelangen Werbung mit diesen bestimmten Angaben für die Bedingungen des Sparvertrages müsse die Beklagte sich an diesen Angaben festhalten lassen. Die Kunden dürften daher die Höhe ihrer Raten ohne Zustimmung der Sparkasse ändern.

 

Die Sparkasse sei nicht berechtigt, den Vertrag vor Ablauf der vereinbarten Laufzeit von 25 Jahren zu kündigen. Ein aus dem Darlehensrecht (§ 489 Abs. 1 Nr. 1 2. Hs BGB) abgeleitetes Kündigungsrecht der Sparkasse bestehe nicht, weil diese Vorschrift auf Sparverträge nicht anwendbar sei. Sie könne auch keine Anpassung des Vertrages verlangen, weil sie das Risiko einer (für sie) negativen Zinsentwicklung gekannt und bei Vertragsschluss übernommen habe.

 

Die Revision zum Bundesgerichtshof wurde in einem Verfahren zugelassen, soweit es dort um die Frage geht, ob § 489 Abs. 1 Nr. 1 2. Hs BGB der Sparkasse ein Kündigungsrecht zubilligen kann (was vom Senat des Oberlandesgerichts Stuttgart verneint wurde).

 

Aktenzeichen und relevante Entscheidungen:

Landgericht Ulm 4 O 273/13; Oberlandesgericht Stuttgart 9 U 31/15

Landgericht Ulm 4 O 379/13; Oberlandesgericht Stuttgart 9 U 48/15

 

vgl. auch die Pressemitteilung des Oberlandesgerichts vom 08.09.2015

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